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Huffington Post – viel Geschwätz um Nichts

Die Huffington Post war ein Projekt der besonderen Art. Viel beobachtet, viel diskutiert. Was in den USA mit wenig Geld sehr erfolgreich war, wurde zum Vorbild des modernen Online basierten Verlegertums hochstilisiert. Mancher sah die Zukunft des kritischen Journalismus darin. Andere hielten es zumindest für eine Plattform der kritischen Diskurse, die auch in Deutschland fehle.

Als die Frankfurter Rundschau mit dem Rücken bereits an der Wand stand, gab es in Frankfurt kurzzeitig auch Überlegungen, ob sich mit einer so starken nationalen Medienmarke ein vergleichbares Projekt möglich werden könnte. Immerhin war die FR bis zu ihrer Insolvenz ja im gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Spektrum eine Referenzgröße – wenn auch eine ins Alter gekommene Zeitung mit abnehmender Leserschaft. Doch die Zeit war zu knapp und das Geld schon verbrannt, da konnte die FR solche Schritte nicht mehr gehen.

Umso mehr wurde in den letzten zwei Jahren darüber spekuliert, wie die Internationalisierungsstrategie der Huffington Post nun aussehen soll. Die Antwort heute ist wohl die, dass es eher keine gibt, jeder Marktantritt sich individuell gestaltet und eine globale Strategie noch gar nicht zu erkennen ist. Insbesondere wurde viel über den Antritt in Deutschland gemutmaßt. Umso größer war die Überraschung, dass das Verlagshaus Burda den Zuschlag bekam. Als dann auch noch durchsickerte, dass der Marktangriff in Kooperation mit der Tomorrow Focus  stattfinden solle, da ahnten einige schon, dass das Bild der Huffington Post in Deutschland ein ganz anderes als im Mutterland sein würde.

In den letzten Wochen hat der Verlag nun Schritt für Schritt das Geheimnis gelüftet. Der Chefredakteur Sebastian Matthes darf leider zum Start der Huffington Post noch nicht mitspielen. Sein bisheriger Arbeitgeber die Wirtschaftswoche gibt ihn nicht rechtzeitig frei. Aber wer sich davon einen journalistischen Wind bei der Huftington Post erhofft, wird enttäuscht werden, wenn man genauer hinschaut, wer noch so an Bord ist: Anchorman, quasi das Gesicht, und Verleger der deutschen Huffington Post soll kein erfahrender Journalist, sondern Cherno Jobatey sein. Der erste Autor ist Boris Becker. Weitere Autoren sind bspw. Nicolas Berggrün oder Ursula von der Leyen. Kein Vergleich zu US-Autoren wie Norman Mailer, John Cusack oder Bill Maher, die das Original bereichern.

Von der weltweit beachteten linksliberalen, kritischen Medienmarke Huffington Post zur Boulevard Plattform. Kritische Berichte werden Mangelware sein. Die Autoren sind mehrheitlich unpolitisch oder konservativ. Das mag man dann gerne feiern, wie es bspw. PR-Mann Frank Behrendt in der Horizont tut. Sinnvoll ist das aber nicht. Es sei denn man erhofft sich davon, dort künftig einfacher und vor allem verdeckt PR-Inhalte platzieren zu können.

Auch Medien sind Marken, die ihre Leser binden und begeistern müssen. Insbesondere aber müssen sie ihre Zielgruppe und Leserschaft finden. Die Huffington Post wäre als kritisch, journalistisch, bloggende Plattform eine Bereicherung, ein echter Angriff auf die gedruckte Tageszeitungen in Deutschland gewesen. Die mit großer Mehrheit linksliberal eingestellte Blogger-Szene in Deutschland hätte gerne mitgewirkt und das Projekt mit Sicherheit gefeiert. Und jetzt? Die Blogger-Szene hat überwiegend die Huffington Post schon als Totgeburt abgeschrieben. Sie jedenfalls wird nicht zur Reichweitensteigerung beitragen. Besonders schwer wiegt daran, dass die Huffington Post davon lebt, dass sich möglichst reichweiten starke Blogger als Autoren zur Verfügung stellen. Und das auch noch honorarfrei. (Der DJV kritisiert diese Geschäftsmodell auch bereits hart, ist es doch die völlige Entwertung journalistischer Arbeit bzw. von Textarbeit.)

Nun kann man sich ja auf den Standpunkt stellen, dass die Blogger-Szene ohnehin elitär und irrelevant ist und dass Boulevard-Journalismus die eigentlich eMacht in Deutschland darstellt. Ergo eine Boulevard-Plattform Huffington Post die viel bessere und erfolgreichere Alternative darstellt. Aber ist Cherno Jobatey wirklich die moderne Antwort auf Mathias Döpfner? Eine absurde Vorstellung: Der Springer-Verlag, der seine Digitalisierungsstrategie mit höchster Präzission und hohen Investitionen vorantreibt, soll von der Huffington Post herausgefordert werden?

Na, wer da wohl am Ende erfolgreicher ist! Man darf gespannt sein, aber die Vermutung liegt nahe, dass die Huffington Post nur ein weiterer Beitrag der Geschwätzigkeit sein wird.

Kommentare

Ein Kommentar to “Huffington Post – viel Geschwätz um Nichts”
  1. Wir werden sehen – als Meinungsmagazin wie z.B. auch „The European“ sehe ich durchaus eine Chance bei der HuffPo, und warum sollte die HuffPo auch nicht genau so erfolgreich werden wie zum Beispiel ihre Schwester FOCUS Online? Durch den FOCUS gibt es ja auch eine Reihe von sehr guten Journalisten bei dem Magazin. Und bei Lanz treten die ganzen B-Promis ja auch mit ihrer politischen Meinung auf … P.S.: die Seite heißt Huffington Post, nicht Hufftington ;-)

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