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A Star was not born.

Mehrzad-Marashi-Single-CoverSonntag 0:14 Uhr war es soweit. Die jüngste Staffel DSDS fand ihr Ende und ihren vorläufigen Höhepunkt. Der Finalkampf zwischen Menowin Fröhlich und Mehrzad Marashi war entschieden. Die Zuschauer hatten gewählt. In sicherer Erwartung seines Sieges setzte Menowin Fröhlich bereits zum Siegesjubel an, als Marco Schreyl dann doch Mehrzad Marashi zum Sieger kürte. Was war da passiert?

Menowin Fröhlich hatte noch in der Nacht seine Erklärung gefunden. Die Medien waren schuld, die gegen ihn eine Schmutzkampagne gestartet hatten. Und richtig: Am Tag der Entscheidung hatte die BILD Zeitung eine offizielle Kampagne gegen Menowin Fröhlich gestartet und dazu aufgerufen: „So ein Typ darf nicht Superstar werden!“

Doch eine systematische Wählerstimmenanalyse zeigt ein anderes Bild. Menowin Fröhlich war zwar mit weitem Vorsprung in die Motto-Shows der TOP 10 gestartet, aber mit einer Ausnahme konnte er in keiner Show über 38% der Stimmen erzielen. Offenkundig hatte er eine feste und treue Fan-Community, die dadurch auffiel, dass einzelne Fans auch mal 150 Euro am Abend für Voting-Anrufe ausgaben. Doch es gelang ihm nicht, seine Fan-Base zu erweitern.

Insofern war die starke Polarisierung, mit der Menowin Fröhlich ab der 6. Mottoshow die Berichterstattung dominierte, hinderlich. Menowin gegen den Rest der Kandidaten – diese Konstellation wurde mehr und mehr zu einer Polarisierung der Fan-Communities – alle gegen einen. Eine Konfrontation, die letztlich im Wahlaufruf des Drittplatzierten Manuel Hoffmann zugunsten des späteren Siegers, mündete.

Entscheidend war dabei insbesondere die Frage, ob das Bild der Medien eines arroganten und unzuverlässigen Menowin Fröhlich oder doch das von Menowin selbst skizzierte Bild eines fürsorglichen und zielstrebigen Künstlers richtig war. Doch zu sehr hatte Menowin Fröhlich sich in Widersprüche verwickelt, seine Glaubwürdigkeit gelitten, seine Äußerungen immer wieder Überheblichkeit durchblitzen lassen, sodass der Künstler auf der Bühne offenbar nicht als authentische Person angenommen und von einer Mehrheit konsequent abgelehnt wurde. So erklärt sich dann auch, dass die Entscheidung am Ende doch überraschend deutlich ausfiel.

Man kann froh sein, dass mit Mehrzad Marashi ein gestandener, zielstrebiger Sänger gewann. Das lässt hoffen, dass dieses Mal mehr als das schale Gefühl eines One Hit Wonders zurückbleibt.

Kommentare

4 Kommentare to “A Star was not born.”
  1. ebook-blog sagt:

    Eigentlich habe ich mit DSDS nicht so viel am Hut. Gerade bin ich auf die Lebensgeschichte von Menowin Fröhlich gestossen. Der hat ja das Finale nicht gewonnen, es ist in meinen Augen allerdings sehr faszinierend, wie man in Deutschland wieder nach oben kommen kann. Normalerweise ist man bei sovielen Vorstrafen durch und hat keine Chancen mehr. In Deutschland ist das anders. Da wird man noch Fernsehstar. Klasse Land.

  2. Marc Saxer sagt:

    Glückwunsch zur pointierten Analyse! Einverstanden bis auf den letzten Satz: hat denn tatsächlich ein potentieller „Superstar“ gewonnen- funktioniert also die Auswahl des singenden Personals der Republik durch den Voter?
    Zunächst einmal muss der erstaunlichen Ehrlichkeit der Show DSDS Tribut gezollt werden. Keine andere Show im deutschen Fernsehen zeigt so offen die Funktionsmechanismus des neoliberalen Kapitalismus. Dieser produziert nicht nur durch wirtschaftliche und soziale Exklusion ein Präkariat, er definiert durch seinen individualistischen, ökonomistischen Diskurs auch die Werte und Interessen der Menschen. DSDS muss daher als Normaffirmation gelesen werden: „die Kandidaten aus dem Präkariat (meist mit Migrationshintergrund) sind zurecht hoffnungs- und chancenlos, und können sich von diesem „Schicksal“ nur selbst durch Leistung bis zur Selbstverleugnung befreien.“ Dem im Sinne des Systems leistungsbereiten Sieger wird durch das Publikum die „Erlösung“ erteilt, er darf zukünftig am guten Leben teilhaben (erleuchtend hier die Wortwahl des Moderators Marco Schreyl).
    Wenig überraschend hat daher der deutsch- persische Kandidat Mersad die Sympathie des Publikums errungen (Bohlen: durch die verkörperung der „deutschen Werte“ Dispziplin und Fleiß), während der Rebel without a cause Menowin die Vergebung seiner Sünden versagt wurde.
    Der Voter hat also für die Normaffirmation gestimmt. Aber hat er damit auch einen „Superstar“ gewählt, also einen Entertainer, die auch jenseits der PR Schlacht der nächsten Wochen ein breites Publikum ansprechen und unterhalten kann? Trotz des eindeutigen Talents des begabten Sängers Mersad darf das bezweifelt werden, denn selbst die Deutschen langweilt auf Dauer die Zurschaustellung bürgerlicher Werte.
    Aber auch hier hat der Kapitalismus die richtigen Instrumente parat: sollte der deviante Menowin doch noch Erfolg haben, wird auch er mit Statusversprechen und materiellen Annhemlichkeiten kooptiert. Die Produktionsfirma Grundy hat die entsprechenden Verträge wohl bereits vor dem Start der TOP 10 Ausschiedungsrunden unterzeichnen lassen.

    • Da mus sich aber widersprechen. Denn eigentlich hat insbesondere das Finale demonstriert, dass die Verwertungsmaschine von Bohlen und Neumann eben nicht in der Lage war, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen. Stand beiden doch die Sorge in der Stirn erneut einen braven, guten, aber zu langweiligen Star zu produzieren – wer erinnert sich noch an Tobias Regner oder Daniel Schumacher? Also wurde der Mann mit Ecken und Kanten in den Himmel gelobt, obwohl Menowin Fröhlichs Version von Billy Jean den gute King of Pop wohl zu Eis erstarren ließ.
      Insofern zeigt sich in diesem Format auch die Grenzen des Vermarktbaren. Wer die Schraube überdreht, erfährt eine eindeutige Rückbesinnung auf das Authentische. Darum – so meine These – waren es weniger die „deutschen“ Tugenden, die Mehrzad Marashi siegen ließen, als die authentische Wirkung seiner Person und Inszenierung.

      • Marc Saxer sagt:

        Einverstanden, dass bei Mersad Person und Inhalt kongruent erschienen, er also als authentisch wahrgenommen wurde. Ebenfalls einverstanden, dass Bohlen und Neumann mittlerweile eingesehen haben, dass sich formatierte Retorten“superstars“ eben nicht am Markt durchsetzen können – und deswegen in dieser Staffel auf den Outcast Menowin setzten.
        Aber: die Funktionslogik von DSDS erzwingt die Unterwerfung der Kandidaten unter das „Leistungsprimat“, also eine Anpassung an eine vorformatierte Norm. Da werden auch die Macher die Geister, die sie riefen, nicht mehr los.
        Insofern hat Mersad wohl am besten verstanden, wie die Voter entscheiden (mein Repsekt dafür), ich bezweifle dennoch, dass er eine große Zukunft vor sich hat (und hoffe für den sympathischen jungen Mann, dass ich mich irre).

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