Strategieblog

Das Lied vom Ende der Agenturen

CCP05_0108HiIn den letzten Wochen kamen die Einschläge dichter. Erst verkündet Daimler die Gründung einer eigenen Agentur, die künftig als Generalwerbeagentur des Unternehmens dienen soll. Dann erklärt Rocket Internet, aus den diversen Unternehmen des Start-up Imperiums eine Agentur ausgründen zu wollen. Selten wurde es so deutlich: Das Geschäftsmodell Agentur steht unter Druck. Auch, wenn man natürlich den ausgewiesenen Strategen und erfahrenen Berater Tonio Kröger, der in Stuttgart den Auftrag zum Aufbau der Daimler-Agentur erhalten hat, nicht mit Rocket Communications vergleichen kann, denn allein deren Ausgründung ist längst noch nicht Ausdruck von Beratungskompetenz. Allein die Grundaussage ist deutlich: Beide – Daimler wie Rocket Internet – sehen keinen Mehrwert darin, Beratungsleistungen im freien Markt zu erwerben.
Aber woran liegt das? Wieso erscheint das Geschäftsmodell der Werbe- und PR-Agentur so austauschbar? Um das zu verstehen, muss man sich den Agenturmarkt von beiden Seiten genauer anschauen. Auf der einen Seite des Marktes sitzen vielfach Unternehmensentscheider, die mit dem Engagement einer Agentur mehrere Hoffnungen verbinden: Erstens bedeutet Agentur für sie Kostenreduktion bzw. Kostenverlagerung von Headcounts zu variablen Kosten. Zweitens bieten Agenturen die Möglichkeit, im Unternehmen geltende Arbeitszeitregelungen und betriebliche Mitbestimmung zu umgehen. Drittens stehen Agenturen für eine schnelle Anpassung an neue Trends im Markt und dadurch einen Knowhow-Vorsprung gegenüber Unternehmen. Alle drei Begründungen sind ins Wanken geraten: Mit der Einführung des Mindestlohns werden Agenturen, die das Geschäftsmodell Niedriglohn verfolgen, bis ins Mark erschüttert. Preisanstiege werden folgen. Zugleich haben Agenturen in den letzten Jahren ihre Attraktivität als Arbeitgeber für Berufsanfänger verloren. Um das auszugleichen, müssen sich längst auch viele Agenturen Flexibilität zusätzlich vergüten lassen. Bleiben neue Trends: Hier herrschte lange ein Missverständnis. Agenturen empfahlen immer neuere technische Lösungen, setzten auf immer mehr auf Kreativität statt auf Relevanz und verloren so den Kontakt zum Geschäftsmodell ihrer Kunden. Kein Wunder, dass immer mehr Unternehmen inhouse Kompetenzen aufbauen, um relevante Lösungen für ihre Kommunikationsaufgaben zu entwickeln.

Wie konnte es aber soweit kommen und wieso gelingt es ausgerechnet im Agenturmarkt nicht, einen beraterischen Mehrwert darzustellen? Schon seit Jahren verweigern sich Wissenschaft und Praxis, Theorie und Anwendung in der PR- und Werbe-Branche ihre Anerkennung. Die Wissenschaft forscht für sich und einige Drittmittelgeber. Viele Agenturen entwickeln Tools, die letztlich nur Verkaufstricks statt echter Innovation sind. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die Abstinenz von spezifischen Beratungsansätzen in den Agenturen. Nur ein eigener Beratungsansatz liefert aber beraterische Eindeutigkeit und damit auch einen fundierten Mehrwert. Dieser eigene Beratungsansatz garantiert auch die Alleinstellung und kann NUR im Markt eingekauft und nicht inhouse entwickelt werden. Das Gros der PR-Agenturen hingegen feiert sich selbst mit einem Feuerwerk an PR-Awards für Projekte, die vor der Preisverleihung niemand kannte und die letztlich nur von einer vordergründigen, aber austauschbaren Aufmerksamkeit leben und wie Strohfeuer schnell verglühen.

Nur wenige Kommunikationsberatungen haben dies in den letzten Jahren erkannt und sich daher der Herausforderung gestellt, einen eigenen Beratungsansatz zu entwickeln: Hering Schuppener oder Deekeling Arndt Advisors seien hier genannt.
Weil auch J+K seit seiner Gründung an eigenen Innovationen und Beratungsmethoden in verschiedenen Kompetenzfeldern gearbeitet hat, kann kaum verwundern, dass vor vier Jahren dann die Entscheidung fiel , auch in einen eigenen Beratungsansatz zu investieren und unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum Beziehungskapital einen komplett eigenen Beratungsansatz zu entwickeln. Ein dreiviertel Jahr danach scheint der Markt J+K recht zu geben: 21% Wachstum im Jahr 2014 sind zumindest ein starkes Argument.

Von den Missverständnissen der Content Marketing Debatte

In einem Beitrag für die „Huffington Post“ stellt der Inhaber der Münchner Firma Talkabout Consulting, Mirko Lange, sieben Thesen zum erfolgreichen Content-Marketing auf.

Um ein Missverständnis in der Debatte gleich vorneweg zu vermeiden: Ich freue mich über jeden Beitrag zum Content Marketing oder über Content Strategien. Mit jedem Artikel dazu wächst in unserer Branche endlich die Erkenntnis, dass nicht länger die technischen Veränderungen und Neuerungen in den Kommunikationskanälen die Basis von Innovationen in der Kommunikationspraxis sind. Das Jahrzehnt der technikgetriebenen Innovationen ist vorbei, beruhte ohnehin vielfach auf einem Missverständnis: Nicht alles was neu ist, ist relevant und innovativ. Nicht jede erforderliche neue Kompetenz in der Beherrschung interaktiver oder digitaler Kommunikation ist eine Innovation.

Spätestens mit dem Konzept des Beziehungskapitals nach Prof. Peter Szyszka wird deutlich, dass sich Content Marketeers offenbar im Nirwana verlieren. Natürlich ist Content wichtig, denn er ist der Kitt in jeder Beziehung zwischen einem Unternehmen und seinen Stakeholdern. Lediglich die Beziehungen entlang der Wertschöpfungskette (Lieferanten, Mitarbeiter und Kunden) leben von materiellen Austauschbeziehungen und haben insofern einen durch Produkte und Services determinierten inhaltlichen Kern. Die übrigen Stakeholder tragen ihre Anforderungen und Erwartungen, ihre Interessen und Bedürfnisse in einem völlig anderem Kontext und v.a. „Content“-orientiert an Unternehmen heran.

Aber auch Unternehmen sind Teil dieser Beziehungen und durch strategische Unternehmenskommunikation und Stakeholder Relation Management gestalten sie diese Beziehungen, können ihr Beziehungskapital insofern bewirtschaften und strukturieren. In diesem Zusammenhang können sie Themen besetzen und Interessen artikulieren, um Deutungshoheit über Themen und Kontexte zu erlangen. Und dennoch: Unternehmen können nur eines richtig gut – Produkte herstellen und ihre Services erbringen. Darauf sind Unternehmen ausgerichtet, daraus leiten sich Themen der unternehmerischen Agenda ab. Diese zu besetzen macht Sinn. Allein diese Themen interessieren den Stakeholder am Unternehmen, allein sie können helfen das Beziehungskapital zu mehren oder risikoärmer zu strukturieren.

Mirko Lange tappt in seinem Beitrag genau in die Fallen der möglichen Missverständnisse in dieser Diskussion:

  1. Content, der sich nicht aus den Unternehmenskompetenzen speist, ist überflüssig, denn er zahlt nicht auf das Beziehungskapital ein. (Im Übrigen ist das gern genannte Beispiel von Baumgartners Red Bull Sprung ungeeignet als Beispiel frei kreierten Contents. Denn was, wenn nicht der Moment höchster Konzentration und Leistungen, ist sonst die Kernkompetenz von Red Bull?)
  2. Es geht um Stakeholder, nicht um Zielgruppen. Beziehungskapital entsteht dort, wo Beziehungen vorhanden sind. Beziehungen erfordern ein wechselseitig definiertes Interesse am jeweils anderen. Darum muss die Ausgangsfrage einer jeden Content Strategie sein: Was interessiert Stakeholder am Unternehmen und seinen Themen?
  3. Wer diesen Unterschied nicht berücksichtigt, wird in der Tat ein Opfer von Google und Facebook Algorithmen. Insofern sind die dramatischen Bilder der ausgelieferten Unternehmenskommunikation Ausdruck eines Missverständnisses.

Am Ende geht es weder um die Frage, ob man einen Marketeer oder schon wieder eine neue technische Lösung benötigt, sondern darum, ob das Unternehmen als Ganzes versteht, dass es drei grundlegende Ressourcen besitzt, die zu managen sind: das Realkapital, das Human Kapital inklusive Intellectual Properties sowie das Beziehungskapital. Nur wer alle drei Kapitalien optimal strukturiert, Risiken erkennt und Bindung erzeugt, wird aktuellen und künftigen unternehmerischen Herausforderungen gerecht werden können. So verstanden, kann Content Marketing einen wichtigen Baustein zur Stabilisierung von Stakeholder-Beziehungen und einen wichtigen Kompetenzübertrag leisten.

Huffington Post – viel Geschwätz um Nichts

Die Huffington Post war ein Projekt der besonderen Art. Viel beobachtet, viel diskutiert. Was in den USA mit wenig Geld sehr erfolgreich war, wurde zum Vorbild des modernen Online basierten Verlegertums hochstilisiert. Mancher sah die Zukunft des kritischen Journalismus darin. Andere hielten es zumindest für eine Plattform der kritischen Diskurse, die auch in Deutschland fehle.

Als die Frankfurter Rundschau mit dem Rücken bereits an der Wand stand, gab es in Frankfurt kurzzeitig auch Überlegungen, ob sich mit einer so starken nationalen Medienmarke ein vergleichbares Projekt möglich werden könnte. Immerhin war die FR bis zu ihrer Insolvenz ja im gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Spektrum eine Referenzgröße – wenn auch eine ins Alter gekommene Zeitung mit abnehmender Leserschaft. Doch die Zeit war zu knapp und das Geld schon verbrannt, da konnte die FR solche Schritte nicht mehr gehen.

Umso mehr wurde in den letzten zwei Jahren darüber spekuliert, wie die Internationalisierungsstrategie der Huffington Post nun aussehen soll. Die Antwort heute ist wohl die, dass es eher keine gibt, jeder Marktantritt sich individuell gestaltet und eine globale Strategie noch gar nicht zu erkennen ist. Insbesondere wurde viel über den Antritt in Deutschland gemutmaßt. Umso größer war die Überraschung, dass das Verlagshaus Burda den Zuschlag bekam. Als dann auch noch durchsickerte, dass der Marktangriff in Kooperation mit der Tomorrow Focus  stattfinden solle, da ahnten einige schon, dass das Bild der Huffington Post in Deutschland ein ganz anderes als im Mutterland sein würde.

In den letzten Wochen hat der Verlag nun Schritt für Schritt das Geheimnis gelüftet. Der Chefredakteur Sebastian Matthes darf leider zum Start der Huffington Post noch nicht mitspielen. Sein bisheriger Arbeitgeber die Wirtschaftswoche gibt ihn nicht rechtzeitig frei. Aber wer sich davon einen journalistischen Wind bei der Huftington Post erhofft, wird enttäuscht werden, wenn man genauer hinschaut, wer noch so an Bord ist: Anchorman, quasi das Gesicht, und Verleger der deutschen Huffington Post soll kein erfahrender Journalist, sondern Cherno Jobatey sein. Der erste Autor ist Boris Becker. Weitere Autoren sind bspw. Nicolas Berggrün oder Ursula von der Leyen. Kein Vergleich zu US-Autoren wie Norman Mailer, John Cusack oder Bill Maher, die das Original bereichern.

Von der weltweit beachteten linksliberalen, kritischen Medienmarke Huffington Post zur Boulevard Plattform. Kritische Berichte werden Mangelware sein. Die Autoren sind mehrheitlich unpolitisch oder konservativ. Das mag man dann gerne feiern, wie es bspw. PR-Mann Frank Behrendt in der Horizont tut. Sinnvoll ist das aber nicht. Es sei denn man erhofft sich davon, dort künftig einfacher und vor allem verdeckt PR-Inhalte platzieren zu können.

Auch Medien sind Marken, die ihre Leser binden und begeistern müssen. Insbesondere aber müssen sie ihre Zielgruppe und Leserschaft finden. Die Huffington Post wäre als kritisch, journalistisch, bloggende Plattform eine Bereicherung, ein echter Angriff auf die gedruckte Tageszeitungen in Deutschland gewesen. Die mit großer Mehrheit linksliberal eingestellte Blogger-Szene in Deutschland hätte gerne mitgewirkt und das Projekt mit Sicherheit gefeiert. Und jetzt? Die Blogger-Szene hat überwiegend die Huffington Post schon als Totgeburt abgeschrieben. Sie jedenfalls wird nicht zur Reichweitensteigerung beitragen. Besonders schwer wiegt daran, dass die Huffington Post davon lebt, dass sich möglichst reichweiten starke Blogger als Autoren zur Verfügung stellen. Und das auch noch honorarfrei. (Der DJV kritisiert diese Geschäftsmodell auch bereits hart, ist es doch die völlige Entwertung journalistischer Arbeit bzw. von Textarbeit.)

Nun kann man sich ja auf den Standpunkt stellen, dass die Blogger-Szene ohnehin elitär und irrelevant ist und dass Boulevard-Journalismus die eigentlich eMacht in Deutschland darstellt. Ergo eine Boulevard-Plattform Huffington Post die viel bessere und erfolgreichere Alternative darstellt. Aber ist Cherno Jobatey wirklich die moderne Antwort auf Mathias Döpfner? Eine absurde Vorstellung: Der Springer-Verlag, der seine Digitalisierungsstrategie mit höchster Präzission und hohen Investitionen vorantreibt, soll von der Huffington Post herausgefordert werden?

Na, wer da wohl am Ende erfolgreicher ist! Man darf gespannt sein, aber die Vermutung liegt nahe, dass die Huffington Post nur ein weiterer Beitrag der Geschwätzigkeit sein wird.

PResserummel

Mit ihrer jüngsten Untersuchung zum Thema PR-Agenturen setzt die Wirtschaftswoche ihre Reihe über Beratungsunternehmen in Deutschland fort. Mit der Untersuchung beschreibt sie zugleich ein Dilemma der PR-Industrie und liefert damit – teilweise ungewollt – einen dramatischen Befund.

So befragt das ausführende Institut für Management- und Wirtschaftsforschung IMWF nicht etwa Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen, die ganzheitlich die Fragen der Stakeholder Ansprache und Integration zu steuern haben. Nein, befragt wurden 514 Mitarbeiter in Pressestellen. Der Pressesprecher in den meisten Unternehmen auf 3. Oder 4. Führungsebene angesiedelt, ist rein funktional zwangsläufig ein Vermittler, ein Kommunikator, keiner der an der Schnittstelle der Unternehmensstrategie und ihrer kommunikativen Konsequenzen berät.
Wenn ein herausgehobenes Wirtschaftsmagazin wie die Wirtschaftswoche nun die Leistung von PR-Agenturen anhand eines Meinungsbarometers von Pressestellen beurteilt, dann ist dies ein klares Statement für den Markt der PR-Agenturen. Offenbar werden PR-Agenturen daran gemessen, ob sie gute, systematische, kreative Pressearbeit machen. Wesentliche Faktoren der Zufriedenheit sind das Erreichen der Zielvorgaben und die kostengünstige Auftragsbearbeitung.
Anforderungen, die von Seiten der Pressestellen völlig zu recht formuliert werden. Anforderungen, die viele PR-Agenturen offenkundig nicht zur Zufriedenheit ihrer Auftraggeber erfüllen. Immerhin will jeder dritte Auftraggeber seine Agentur wechseln.

Aber Kommunikationsstrategien werden andernorts in Unternehmen entschieden. Wer in Sachen Krisenkommunikation oder Changekommunikation berät, wer Stakeholder Management oder Corporate Affairs begleitet, erhält keine Aufträge einer Pressestelle.
Insofern verwundert es dann auch nicht, wenn weder Deekling Arndt Advisors, noch Hering Schuppener, noch CNC eine Rolle spielen und als Agenturen benannt werden. Traurig, dass der GPRA-Präsident dieser Abwertung der PR-Industrie noch Vorschub leistet, in dem er jüngst in einem Interview mit dem PR-Magazin diese Agenturen nicht als wesentliche Zielgruppe für die GPRA definiert.

Visionen oder Alpträume – die neue/alte Debatte um Marketing und PR

Das PR Magazin hat sie wiederentdeckt: Die Diskussion um das Zusammenwachsen von Marketing und PR. Das ist nun wahrlich keine neue Debatte. In seiner jüngsten Ausgabe zitiert das Blatt lang und breit den „Marketing-Papst“ Manfred Bruhn, der dieser Fusion schon lange das Wort redet und nun prophezeit, dass diese in fünf Jahren die Realität in allen Dax-Unternehmen sein wird. Social Media soll angeblich dafür sorgen und wirke als Katalysator dieser Fusion.

Es erscheint mutig, wenn man weitreichende Umstrukturierungen im Unternehmen, die Eingliederung der PR in das Marketing und gar ein neues Verständnis der PR allein am Aufkommen eines Kommunikationskanals fest macht. Zumindest sind Zweifel angebracht. Auch Fragen, ob das Budget relevantere Marketing die PR führen muss oder ob PR mittels Content Marketing das Marketing defacto von innen heraus übernehmen wird zeigen, dass am Ende Machtfragen im Unternehmen entscheiden werden. Welcher Bereich ist besser aufgestellt? Welcher Bereichsleiter genießt das Vertrauen des CEO und des Vorstands? Wer hat eine Vorstellung davon, wohin sich die Kommunikation des Unternehmens entwickeln soll und kann? Wer verfügt über die besseren Netzwerke, um sich durchzusetzen?

Kann man vor diesem Hintergrund wirklich allgemeingültige Grundsätze ausrufen? Die Frage wird in jedem Einzelfall individuell und entlang der Macht- und Vertrauenskonstellationen im Unternehmen beantwortet werden. Wirklich wichtig sind die inhaltlichen Fragen, die Anlass für solche Neuaufstellungen sind. Wer nur an Social Media denkt, springt zu kurz. Vielmehr wird doch in vielerlei Kontexten deutlich, dass Kommunikation sich neu ausrichtet und dabei Disziplinenübergreifend aufgestellt sein muss. Nicht mehr Kanalarbeiter, also Manager der verschiedenen Kommunikationskanäle, sind gefordert, sondern Kommunikationsexperten. Dabei bilden sich zwei wichtige Pole heraus: Am einen Ende vereinen sich die Marketing relevanten Fragestellungen. Hier muss Aufmerksamkeit generiert und Produktverkauf sichergestellt werden. Am anderen Ende vereinen sich die Corporate relevanten Gesichtspunkte. Das Unternehmen als sozialer Akteur muss seine Beziehungen aktiv gestalten und somit sein Sozialkapital mehreren. Dieses ist ein Vorgang, der vor allem von Relevanz, von Erwartungen und vorhandenen Issues getrieben wird. Jedes Unternehmen muss zwischen diesen Polen die individuell richtige Balance finden und diese Anforderungen bestenfalls sogar verbinden.

Der Agenturenmarkt reagiert auf diese Entwicklungen. Neue Agenturkonstellationen und neue Kompetenzfelder entstehen. Werbeagenturen drängen erfolgreich in den Markt der Marketing-PR. Corporate Agenturen übernehmen dagegen weitreichende Aufgaben in der Reputationskommunikation bis hin zur Imagekampagne. Die Veränderungen im Agenturenmarkt sind in sofern ein Spiegelbild der Entwicklungen, die sich in den Unternehmen anbahnen.

Wenn man also eine Entwicklung (ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit!) beschreiben will, dann die einer Umgruppierung kommunikationsrelevanter Felder in zwei Berichtslinien: Dann fließt einerseits die Marketing nahe Kommunikation in einer Berichtslinie zusammen. Ebenso wie andererseits die Bündelung von Stakeholder Management, Corporate Affairs und Medienarbeit unter dem Dach der Unternehmenskommunikation ein sinnvoller Schritt zur Integration der Corporate relevanten Kommunikation ist. In dieser zweiten Linie wird letztlich das Beziehungs- und Reputationsmanagement des gesamten Unternehmens verantwortet werden.

Wenn zwei fusionieren, freuen sich viele Dritte

Das ist die Meldung der Woche: Publicis und Omnicom fusionieren. Nummer 2 und Nummer 3 rücken zusammen und bilden eine neue Marktmacht im globalen Agenturen. Wohl zum ersten Mal ist ein Deal im eigentlich zersplitterten Agenturenmarkt ein Thema für die Kartellbehörden. Zumindest in den USA wird diese Fusion überprüft werden.

Nun mag man den beiden älteren Herren an der Spitze diesen Deal gönnen. Insbesondere Maurice Levy erfüllt sich damit seinen offenkundigen Lebenstraum, Chef der Nummer 1 im Markt zu werden. Der Aufschrei bei WPP CEO Sorell dürfte in halb London zu hören gewesen sein, als er erfuhr, dass er Platz 1 räumen muss.

Man kann auch anmerken, dass dieser Deal Ausdruck des Scheiterns der bisherigen Unternehmensstrategien sind. Insbesondere Publicis war in den letzten beiden Jahren durch eine breite Einkaufstour im Markt aufgefallen: CNC, LBi und andere standen auf der Einkaufsliste und mussten in das Unternehmen integriert werden. Ein Prozess, der nicht einfach ist. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass rund 50% dieser Deals auf einige Jahre betrachtet scheitern: 1 + 1 ist dann eben weniger als 2. Der Integrationsprozess scheitert schlicht. Das Scheitern speist sich aus zwei Quellen: Im Agenturenmarkt sind die Mitarbeiter in solchen Situationen sehr volatil und verschwinden schnell in alle Himmelsrichtung. Auch Kunden akzeptieren Probleme eines Integrationsprozesses bei ihrer Agentur nur selten. Unvergessen ist das Beispiel, als sich 1999 BSMG Worldwide im deutschen Markt Agenturen zusammenkaufte und binnen eines Jahres den Großteil der Kunden und Mitarbeiter verlor. Phasenweise wusste man nicht, wer schneller kündigt: Kunden oder Mitarbeiter. Marktgerüchten zufolge lief der Wachstumsprozess von Publicis auch nicht reibungsfrei. Mit dem jetzt verkündeten Merger hofft man offenbar, die bestehenden Agenturen zu erhalten und so die Integrationsprozesse einfach zu halten. Das verkündete Einsparvolumen durch Synergien von rund 500 Mio. US-$ lassen sich aber nach Ansicht von Experten nur durch Personalabbau und Konsolidierung der Agenturmarken erzielen. Wenn dieser Weg beschritten wird, dann stehen Mitarbeitern und Kunden unruhige Monate bevor.

Wirklich bemerkenswert ist aber der Spin für die Begründung dieser Fusion, der in den Medien platziert wurde. Wurden bis dato solche Deals zumeist mit der Stärkung der kreativen Performance oder mit der Abdeckung neuer Kommunikationsfelder oder mit der Erfordernis einer internationalen Begleitung der Kunden begründet, durfte man dieses Mal eine ganz eigene Begründung lesen: Die fusionierenden Agenturen stellen eine Marktmacht dar, werden zum größten Werbe-Einkäufer in der Welt und erhoffen sich davon, ihren Kunden besonders günstige Konditionen beim Media-Einkauf zu bieten. Eine Markmacht von 42% in den USA (zum Vergleich Nummer 2 WPP hat rund 22% Marktanteil) und 35,6% weltweit ist ein echtes Gewicht – wen wundert es, dass da die Kartellbehörden genauer hinsehen.

Bemerkenswert ist: Es steht nicht die beraterische Leistung oder das kreative Potenzial im Fokus der Agenturholding, sondern der Beitrag zum Cost Cutting in den Unternehmen. Das mag auf den ersten Blick ein attraktives Angebot sein, auf den zweiten Blick aber verlieren Kunden dabei aber. Beratung, Strategiebildung und Kreativität – das sind die Kernkompetenzen einer Agentur, nicht Supply-Chain Management. Besonders bedenklich dabei ist, dass der Media-Einkauf schon seit längerem in der Kritik zahlreicher Compliance Manager steht. Ihre Kritik gilt dem Umstand, dass Agenturen sich im Media-Einkauf zumeist verdeckt ein zweites Honorar generieren. Ob eine fusionierte Mega-Agentur wirklich transparenter und complianed agieren wird?

Mein Fazit: Die Kunden werden diesen Deal nicht honorieren. Sie werden sich zunehmend verlässliche Agenturumfelder suchen, die auf Kundeninteressen fokussieren und nah am Kunden agieren, statt ihr Business auf global fees und overheads zu optimieren.

Der Trend der letzten beiden Jahre im deutschen Markt zeigt es deutlich: Kunden wenden sich von den großen Agenturholdings, den Agenturnetzwerken und Konglomeraten ab. Sie wollen eine persönliche, eine verantwortliche und eine nachhaltige Beratung. Sie wollen nicht mit global standardisierten Produkten der Beratung konfrontiert werden, sondern eine individuelle Beratung, die auch die kulturellen, gesellschaftlichen Besonderheiten im deutschen Sprachraum berücksichtigt. Das verbinden Kunden offenbar zunehmend mit der Erwartung, dass es nicht einfach ein angestelltes Agenturmanagement gibt, das bei solchen Mega-Deals oftmals schnell die Agentur verlässt , sondern Inhaber, die für das Handeln ihrer Agentur auch bis ins Detail verantwortlich sind und diese Verantwortung leben. So ist die Meldung der Woche am Ende doch eine gute Nachricht für die Unternehmer unter den Agenturchefs: Denn Qualitätsberatung wird sich durchsetzen.

It’s PR, stupide!

Das haben Sie in Ihrem Interview auf SPON wirklich gut erkannt: PR ist unglaubwürdig und Werbung ist die ehrliche Form der Kommunikation. Warum? Nun, ich sag’s mal in meinen Worten: Auf jeder Werbung ist der Absender in Form eines Firmenlogos drauf. Das ist offen, das ist ehrlich.

PR dagegen versucht zu argumentieren, Stakeholder zu gewinnen, Dialoge zu führen, Journalisten zu informieren. Da kann ja niemand kontrollieren, was der Journalist aus einer Botschaft macht.

Ganz klar: Jeder hat diese offenen und ehrlichen Anzeigen dieser sympathischen Firma aus UK vor Augen. „Beyond Petroleum“  erklärten Sie uns, wieso BP alles für die Umwelt und die Zukunft unseres Globus tue. Kein Journalist musste kritisch nachfragen. Kein Argument konnte widerlegt werden. Schließlich zahlte BP ja offen und ehrlich für den Anzeigenraum. Dabei war es nach diversen Umwelthavarien in den USA schon zu Beginn der Amtszeit des jetzigen CEO Tony Hayward ein offenes Geheimnis, dass BP Gewinne zu Lasten der Sicherheit und der Umwelt maximiert hatte. Haywards hektische Versuche, dem entgegenzuwirken blieben wirkungslos. Anders als seine Werbung. Ganz offen und ganz ehrlich machte sie deutlich, dass BP alles tut, um der Umwelt nicht zu schaden.

Oder habe ich Sie da missverstanden, Herr Jung? War das insgeheim der Appell an Unternehmen und Agenturen, künftig Werbeanzeigen und TV-Spots zu entwickeln, in denen BP seine zig Fehlversuche beim Schließen des Bohrlochs darstellt und berichtet, warum man jeweils gescheitert ist? Was es der Ruf nach ganzseitigen Dialoganzeigen, in denen Toyota – ganz glaubwürdig – im Streitgespräch mit Verbraucherschützern sich der kritischen Frage stellt, was man hätte anders machen müssen?

Nein, am Ende war es alles nur PR. PR verfolgt Interessen und liefert Argumente, auch strittige Argumente. Holger Jung als Inhaber einer der größten Werbeagenturen hat ein Interesse: Dem Trend der Unternehmen immer weniger Budget in Werbung und immer mehr Budget in Dialog, relevanten Content, PR oder Stakeholder-Management zu investieren entgegenzutreten.

So ist das Interview zweierlei: Erstens der Beweis, dass auch Werber PR machen, wenn sie nachhaltige Wirkung erzielen und Einstellungen ändern wollen. Zweitens die Erkenntnis, dass glaubwürdige PR mehr ist als Effekthascherei und reines Negative Campaigning.

Die Deklaration 21 und die Wirtschaftskrise

CCP08_0060Hi“Gefordert sind mehr Mut, markante Meinung und Klarheit von allen Akteuren aus Wirtschaft und Politik”, so heißt es in der sechsten These der Deklaration 21. Den Grund dafür können wir der dritten These entnehmen: “Prägen kann nur, wer sich eindeutig positioniert und profiliert.” Man wundert sich, wieso die Autoren nicht auch noch die Überwindung der aktuellen Wirtschaftskrise, mehr Mut zu Werten und weniger Verzagtheit beim Klimaschutz gefordert haben.

Denn entweder sagen uns diese Thesen nichts Neues, da man noch nie ohne Profilierung ein Profil entwickeln konnte (Keine der großen starken, Marken wie Coca Cola, Apple oder Adidas ist ohne Profilbildung zur Marke geworden). Oder aber diese Thesen zeugen von grenzenlosem Idealismus.

Nichts gegen Idealismus, aber hat nicht gerade erst die CDU in einem strategisch äußerst geschickten Bundestagswahlkampf deutlich gemacht, dass man auch ohne Profilierung und Positionierung Wahlen gewinnen kann? Sind Profilierung und Positionierung wirklich das, was die Öffentlichkeit, die Wähler, die Kunden wollen? Ist es nicht so, dass gerade polarisierende Positionen in den letzten Jahren mehr und mehr von den Medien und in der Folge von der Öffentlichkeit abgestraft wurden? Hat nicht gerade der Kostendruck in Verlagen und Sendern die Skandalisierung von polarisierenden Profilen hervorgerufen? Muss nicht gerade Guido Westerwelle erfahren, was Die Kehrseite der Polarisierung ist? Als erster Außenminister in der deutschen Geschichte taucht er nicht auf den vorderen Plätzen der einschlägigen Beliebtheits- oder Akzeptanzrankings auf (ZDF-Politbarometer).

Um was also geht es wirklich? In These 1 behauptet die Deklaration 21: “Von den Massenmedien zu den Medienmassen: Wahrnehmung und Relevanz leiden unter der Unübersichtlichkeit von Auftritten und Bühnen.” Und genau hier liegt meines Erachtens der Denkfehler. Denn der epochale Umbruch für die PR besteht nicht in der Vielzahl der Medien, der neuen Kommunikationskanäle oder neu entstehender Absender – kurz neuer Unübersichtlichkeit. Dann hätte diese Herausforderung bereits mit der Einführung des Privat- oder des Satellitenfernsehens, spätestens aber mit dem Durchbruch des Internets bestanden.

Nein, der epochale Umbruch besteht darin, dass der bisher weitgehend passive Rezipient selbst zum Akteur wird. Er filtert und empfiehlt, er diskutiert und bewertet Inhalte. Richtig muss es in These 1 daher heißen: “Es findet keine Wahrnehmung, wer Inhalte ohne Relevanz für die spezifischen Stakeholder aussendet.”

Nichts Neues seit Cluetrain Manifesto?!

CCP03_0128Hi1999 formulierten  Rick Levine, Christopher Locke, Doc Searls und David Weinberger das Cluetrain-Manifest. 95 Thesen über das Verhältnis von Unternehmen und ihren Kunden im Zeitalter des Internets und der New Economy. Elf Jahre später scheinen die zentralen Thesen auch in der deutschen PR-Branche verarbeitet worden zu sein. FischerAppelt veröffentlichten jüngst in 21 Thesen ihrer Deklaration 21 einen Aufguss des Cluetrain Manifest.

These 2 der Deklaration 21 besagt: „Es fehlt an Orientierung und Überblick, weil alle nur reden, schreiben und immer weniger Meinung, Unterschiede und Widerspruch wagen.“  Diese Aussage nehme ich dann mal zum Anlass, deutlichen Widerspruch zu formulieren. Ohne dabei vorweg den Dank für die angestoßene Diskussion zu vergessen. Aber 11 Jahre nach dem Cluetrain Mainfest muss die Kommunikationsbranche schon mehr zu sagen haben, als damals formuliert wurde. Andernfalls wäre nicht nur viel Zeit vertan worden, denn These 95 des Cluetrain Manifesto stellt schon damals fest: „We are waking up and linking each other. We are watching. But we are not waiting.“

Auf den ersten Blick wirkt die Deklaration 21 noch äußerst bedeutungsschwanger, erinnert die doch dank der äußeren Aufmachung an die Zeit im Gymnasium, wenn deutsche Hochliteratur im Deutschunterricht als Reclam-Heft zu Gemüte geführt wurde. Wenn man nach wochenlanger Lektüre und Diskussionen ein Reclam-Heft gelesen und in quälend langen Stunden besprochen hatte, war man zwar froh, am Ende angelangt zu sein. Aber man konnte nie behaupten „irgendwo habe ich das alles schon mal gelesen“.

Die Deklaration 21 erfreut den interessierten Leser aber zumindest durch ausgesprochen abwechslungsreiche Typografien, die immer wieder überraschen. Man ist versucht, einen Zusammenhang zwischen der konkreten Gestaltung und dem konkreten Inhalt zu finden. Das aber würde die Deklaration 21 auf ihre Form reduzieren.

— Fortsetzung folgt —

Wo Innovationen in der Werbebranche entstehen

CCP11_0121Hi„Kunst der Kommunikation“ nennt es Angelika Slavik in der Süddeutschen Zeitung vom 15. Januar 2010, denn „viele Werbeagenturen müssen sich von alten Denkmustern lösen“. Völlig zu recht kritisiert sie dabei die Trägheit vieler Werbeagenturen, ihre fehlende Social Media Expertise und die fehlende Transparenz im Kundengeschäft. Im Kern bemängelt sie die zunehmende Tendenz von Werbeagenturen, ihren Kunden keine Probleme zu lösen, sondern Antworten von gestern zu präsentieren.

Traurig, dass ausgerechnet dieser Leitartikel nicht online bei der SZ zu finden ist. Aber die Retourkutsche wäre auch etwas einfach. Denn Slavik verschließt die Augen vor gravierenden Veränderungen im Markt. Wenn Agenturen wie Publicis Consultants / Shipyard, J + K, AB ONE und FischerAppelt sich aktuell neu erfinden, klassische Werbung, Livekommunikation usw. integrieren oder aufbauen, um strategische Kommunikationsexpertise mit Präzission in der Execution zu verbinden, dann kann Ihnen der Aufbau einer umfassenden Kampagnenfähigkeit als Agentur gelingen.

Slavik übersieht, dass nicht die klassischen Werbeagenturen, sondern neuartige Agenturen und Agenturkonstruktionen die Innovationen in der Branche bringen werden. Die spannende Frage, welcher dieser Wege sich am Ende durchsetzt, ist heute offen. Aber im Status quo verharren – da hat Slavik recht – ist mittelfristig der Tod der klassischen Werbeagentur.

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