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Cryan heißt die Chance für den Neuanfang bei der Deutschen Bank

Zu beneiden ist John Cryan nicht, wenn er am 1. Juli das Zepter bei der Deutschen Bank übernimmt. Er tritt ein schweres Erbe an. Aber er kann Hoffnung verbreiten. Als faktisch von außen kommender Vorstandschef kann er auf eine unvoreingenommene Wahrnehmung der Stakeholder hoffen.

Denn er ist nicht von der Führungskultur der Deutschen Bank geprägt worden. Er steht daher auch nicht für die rechtlichen und regulatorischen Risiken der Vergangenheit, auch wenn er diese nun lösen muss.

John Cryan muss aber nicht nur diese rechtlichen und regulatorischen Risiken lösen, um die damit verbundenen bilanziellen Probleme und Rückstellungen zu lösen, auch wird Cryan nicht nur an den Bilanzwerten und -risiken Hand anlegen müssen.

Mindestens ebenso wichtig ist die Steigerung des Beziehungskapitals. Selten konnte man es so deutlich vorrechnen wie am Tag der Hauptversammlung der Deutschen Bank. Während die Stakeholder und Shareholder dem Vorstandsduo die Leviten lasen und die Zerrüttung ihrer Beziehung vorführten – bis hin zur 39% Nichtzustimmung bei der Entlastung der beiden – notierte die Aktie der Deutschen Bank bei 28,80 Euro.

Damit betrug die Börsenkapitalisierung der Deutschen Bank 6,5% WENIGER als ihr Bilanzwert, allein als Ergebnis zerrütteter Stakeholder Beziehungen. Mit anderen Worten das Beziehungskapital der Deutschen Bank war negativ und betrug minus 6,5% des Bilanzwerts. So kann es auch nicht wundern, dass allein die Personalentscheidung für John Cryan einen 8%igen Sprung der Aktie auslöste und so das Beziehungskapital auf einen Nullwert führte.

Gleichwohl die nach seiner Ernennung wieder einmal gestiegenen Aktienkurse der Deutschen Bank darauf hindeuten, dass Shareholder (und Stakeholder), die sich in den letzten Jahren vom Unternehmen abgewandt hatten, weil das Vertrauen in seine Führung verloren gegangen war, nun wieder Hoffnung schöpfen können. Aber nur mit einer stärkeren Berücksichtigung ihrer Interessen kann der lange angekündigte Kulturwandel im Konzern auch gelingen.

Das vor allem ist die Chance, die sich dem Briten bietet. Dafür muss er aber den Kulturwandel neu deklarieren und erklären wie Effizienzsteigerung und Rückgewinnung von Vertrauen unter einen Hut gebracht werden können.

So ist es symbolisch gar nicht zu unterschätzen, dass Cryan eben sehr gut deutsch spricht und sich nicht wie Jain in schwierigen Momenten ständig übersetzen lassen muss.

Wenn Cryan verstanden hat, dass Stakeholder wie Politik, Gewerkschaften / Betriebsrat, Mitarbeiter oder Medien in Deutschland eine noch weit bedeutendere Rolle spielen als im Fall der UBS Sanierung, dann hat er eine echte Chance die Bank als Phönix aus der Asche auferstehen zu lassen.

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