Strategieblog

Ein Gruß vom Etagensekretär

berliner-freiheitManchmal schreibt das Leben die besten Satiren. So geschehen am heutigen Tag – in Form eines Mailwechsels zwischen Moritz Hunzinger und dem Autor dieses Blogs. Zur Erinnerung: Moritz Hunzinger wurde im September 2002 öffentlich vom Deutschen Rat für Public Relations (DRPR) gerügt. Der Rat schrieb unter anderem: „Moritz Hunzinger hat dem Ansehen des Berufsstandes PR erheblichen Schaden zugefügt. Er hat durch sein Handeln, insbesondere durch solche Geldzuwendungen, die Politiker in Konflikte mit ihren Ämtern gebracht haben, in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, dies sei übliche PR-Praxis.“

Unter dem Betreff „Politikkongress“ lässt Moritz Hunzinger um 17:28 Uhr einen großen Verteiler, in den er ungefragt auch den Autor des Strategieblogs integriert wissen, wie erfolgreich sein Auftritt auf diesem Kongress war. Dieses verbindet er mit einer Breitseite auf die Branchenverbände: 

Sehr geehrter Herr Arns [Anm. Christian Arns (depak) war „sein“ Moderator und Gastgeber auf dem Politikkongress],

auch ich habe den Kongreß in guter Erinnerung, der beim erstaunlich applaudierten Kamingespräch mit mir zur Vorlesung mutierte. Die Zuhörer konnten viel erfahren:
– Die PR-Branche hat seit meiner „Riesen-Swatch“ in 20 Jahren kein neues (berichtenswertes) Format erfunden. Was neu ist, kommt von Branchenfremden wie Xing und Facebook.
– Konjunkturbedingt stellt das PR-Beraterprekariat die Mehrheit der Mitglieder und bei Versammlungen, Tagungen etwa der DPRG. Erfolgreich aktiven PR-Profis bietet der Berufsverband nichts mehr.
– Der PR-Beruf hat weitgehend seine Effektivität in Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying verloren; Wirtschaft und Politik nutzen Alternativen, Rechtsanwaltskanzleien machen längst das Business der Agenturen zu deutlich höheren Honoraren.
– Die Glaubwürdigkeitskrise bei Print und TV reduziert zudem die Plazierungschancen von PR. Der Beruf macht sich in weiten Teilen der Wirtschaft überflüssig oder diffundiert in andere Bereiche (Personal, Recht, Marketing, Messe-/Besucherdienst).
Hier fehlen allen Standesorganisationen Antworten und ihren Mitgliedern die notwenige Orientierung durch die Verbände.
Die mir zugegangenen Anfragen aus dem Kongreßplenum bearbeite ich, mir qualifiziert erscheinende Interessenten verweise ich an die neue Quadriga-Hochschule.
Freundliche Grüße, Moritz Hunzinger

Der als Ethikbeauftragte der degepol angemailte Autor musste an dieser Stelle natürlich Stellung beziehen:

Sehr geehrter Herr Arns,
Lieber Christian,

Wer dieser Branchen mit seinen unethischen und fuer seine Kunden schaedlichen Verhalten soviel Schaden zugefuegt hat, ist wirklich der letzte, der der Branche die Leviten lesen kann. Manchmal ist Schweigen doch Gold.
Insofern bleibt der Veranstalter auch die Antwort schuldig, was der „Sinn“ für die Branche sein soll, einen Mann der Vergangenheit mit bestenfalls zweifelhaftem Ruf inzuladen

Mit besten Grüßen
Heiko Kretschmer

Doch nun dreht Moritz Hunzinger so richtig auf:

Sehr geehrter Herr Kretschmer,

nennen Sie mir einen unzufriedenen Hunzinger-Kunden?
Sie sind ein Denunziant, ein Trottel. Bei uns hätten Sie wahrscheinlich nicht mal eine Stelle als Etagensekretär bekommen.

Freundliche Grüße, Moritz Hunzinger

Der Etagensekretär stellt darauf hin nur noch fest:

Der getroffene Hund bellt … 

Mit besten Grüßen
Heiko Kretschmer

Und nun die wahrlich lyrische Antwort des Moritz Hunzinger:

… bellt zurück.

Kümmern Sie sich mit Ihrer Hartz-4-Bude lieber um ihre Kunden, Kretschmer, als Vorbilder anzupinkeln.

Auch das noch: Ein unnötiger Kommentar

stakeholder-event_dekoDieser Tage fühlen sich viele berufen, über den Wahlkampf zu reden und ihr mehr oder weniger fachmännisches Urteil zum besten zu geben. Selbst der Autor dieses Blogs lässt sich dabei nicht lumpen. Der ein oder andere findet damit auch in den Medien Gehör. Warum aber heute ein Fachmedium der Kommunikationsbranche einem der skandalträchtigsten PR- und Politikberater aller Zeiten Raum einräumen muss, sich über die SPD-Kampagne zu äußern, bleibt wohl ein Geheimnis der W&V.
Dabei darf es sich Moritz Hunzinger einfach machen: Seine Kritik an der SPD-Kampagne kratzt an der Oberfläche und benennt nur offenkundige Fehler. Aber zu den strategischen Problemen der SPD schweigt er.
Doch was aufregt, ist etwas anderes: Moritz Hunzinger ist nicht irgendwer. Er hat Politiker korrumpiert, und das dann als Beratung verkauft. Über ihn sind Politiker gestürzt. Er hat der gesamten Kommunikationsbranche geschadet und wurde vom DRPR entsprechend gerügt. Von Reue ließ er bis heute nicht verlautbaren.
Es war gut, dass er in der Versenkung verschwunden war. Insbesondere in der Versenkung der politischen Kommunikation. Die W&V hätte ihn auch besser da gelassen.

Von Hunzinger zu Linklaters

heikokretschmer_redeSeitdem Moritz Hunzinger Rudolf Scharping mit teuren Geschenken als Berater in den Rücktritt trieb, ringt die Beraterbranche intensiv um die eigene Ethik. Verdeckte PR, verdecktes Lobbying, Umgehung der Ausschreiberegeln, Koppelgeschäfte mit Medien. Wir haben seitdem wiederholt zweifelhafte Praktiken erlebt. Der Deutsche Rat für Public Relations hat sie entsprechend gerügt.

Doch jetzt erleben wir ein neues „Highlight“ der Schattenseiten. Die internationale Rechtsanwaltskanzlei Linklaters hat einen Auftrag angenommen, dessen Ziel die Privatisierung der Gesetzgebung war. DIE hoheitliche Aufgabe eines Ministeriums, Gesetze zu erarbeiten wurde einfach outgesourct. Um noch einen draufzusetzen: Offenbar hat Linklaters nicht nur das Mandat angenommen, einen Gesetzentwurf zur Bankenrettung für die Bundesregierung zu erstellen. Sondern Linklaters arbeitet zugleich für die davon betroffenen Banken wie die IKB. Wessen Interessen hat Linklaters da eigentlich im Gesetzentwurf fixiert?
Und die taz meldet, dass auch Freshfields beim BMF viel beraten hat – wurden auch da Gesetzentwürfe außer Haus entwickelt?

Es wird endlich Zeit: Transparenz durch ein verpflichtendes Lobbyregister muss her.

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