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PResserummel

Mit ihrer jüngsten Untersuchung zum Thema PR-Agenturen setzt die Wirtschaftswoche ihre Reihe über Beratungsunternehmen in Deutschland fort. Mit der Untersuchung beschreibt sie zugleich ein Dilemma der PR-Industrie und liefert damit – teilweise ungewollt – einen dramatischen Befund.

So befragt das ausführende Institut für Management- und Wirtschaftsforschung IMWF nicht etwa Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen, die ganzheitlich die Fragen der Stakeholder Ansprache und Integration zu steuern haben. Nein, befragt wurden 514 Mitarbeiter in Pressestellen. Der Pressesprecher in den meisten Unternehmen auf 3. Oder 4. Führungsebene angesiedelt, ist rein funktional zwangsläufig ein Vermittler, ein Kommunikator, keiner der an der Schnittstelle der Unternehmensstrategie und ihrer kommunikativen Konsequenzen berät.
Wenn ein herausgehobenes Wirtschaftsmagazin wie die Wirtschaftswoche nun die Leistung von PR-Agenturen anhand eines Meinungsbarometers von Pressestellen beurteilt, dann ist dies ein klares Statement für den Markt der PR-Agenturen. Offenbar werden PR-Agenturen daran gemessen, ob sie gute, systematische, kreative Pressearbeit machen. Wesentliche Faktoren der Zufriedenheit sind das Erreichen der Zielvorgaben und die kostengünstige Auftragsbearbeitung.
Anforderungen, die von Seiten der Pressestellen völlig zu recht formuliert werden. Anforderungen, die viele PR-Agenturen offenkundig nicht zur Zufriedenheit ihrer Auftraggeber erfüllen. Immerhin will jeder dritte Auftraggeber seine Agentur wechseln.

Aber Kommunikationsstrategien werden andernorts in Unternehmen entschieden. Wer in Sachen Krisenkommunikation oder Changekommunikation berät, wer Stakeholder Management oder Corporate Affairs begleitet, erhält keine Aufträge einer Pressestelle.
Insofern verwundert es dann auch nicht, wenn weder Deekling Arndt Advisors, noch Hering Schuppener, noch CNC eine Rolle spielen und als Agenturen benannt werden. Traurig, dass der GPRA-Präsident dieser Abwertung der PR-Industrie noch Vorschub leistet, in dem er jüngst in einem Interview mit dem PR-Magazin diese Agenturen nicht als wesentliche Zielgruppe für die GPRA definiert.

Spindocs und der Wahlkampf

stakeholder-event_dessertSpin-Doktoren, PR-Heinis und Berater sind das Problem der wahlkämpfenden Politiker. So kann man es dieser Tage einem Beitrag von Claudius Seidl in der FAZ entnehmen. Eine gewagte These. Seidl bemängelt völlig zu recht, dass sich das Wahlvolk mitunter „endlich ernst genommen fühlen“ will. Politiker sollten mit den Wählern reden wie mit „Menschen sprechen, die einander inteelligent, erwachsen und zurechnungsfähig halten.“ So führt er Barack Obama ins Feld, der im Angesicht der zusammenbrechenden Banken erst einmal zugab, dass dies völlig neue Probleme seien, für die niemand die richtige Antwort kenne.
Was Seidl schuldig bleibt, sind Belege für die Schuldzuweisung in Richtung Berater. War es nicht gerade Barack Obama, der sich als besonders beratungsoffen erwies und auch einen Stab hervorragender Berater um sich scharrt? Ist es nicht vielleicht sogar umgekehrt? Seit 1994 hat noch nie ein Wahlkampf so sehr im eigenen Saft geschmort wie dieser. Die Wahlkampfstäbe platzen mit internen Beratern aus allen Nähten, man hat sich nicht einmal auf die eigenen Querköpfe geholt, sondern die alteingesessenen Parteistrategen genommen. Externe Beratung wirkt eher störend.
In der CDU hört alles nur noch auf Angela Merkel. Diese hat ihren engsten (internen) Beraterkreis. In der SPD werden externe Impulse nur schwerfällig in den Wahlkampf integriert, wie man an den Anlaufschwierigkeiten in der Kommunikation des Deutschland Plans sehen kann. Den Vogel schießt aber die FDP ab, die sich quasi für jeden Prozentpunkt eine Agentur holte – diese Unübersichtlichkeit garantiert, dass externe Beratung nicht stattfindet.
Besonders deutlich wird dies im Umgang mit Ulla Schmidt und ihrer Dienstwagenfahrt. Jeder gute PR-Berater hätte hier eindringlich darauf gedrungen, Führungsstärke und Prinzipientreue unter Beweis zu stellen. Entweder indem man sich voneinander trennt oder in dem man sich hinter die Ministerin stellt und ihre Verdienste hervorhebt. Was passierte? Die typischen Reaktionen interner Denk- und Sichtweisen – nicht anders als in großen Unternehmen: Sich durchlavieren.

Ach, Herr Seidl, hätten wir doch bloß mehr externe Kommunikationsberater in diesem Wahlkampf.

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